News
   
 
Chanson discréte
1. Canzon VI [Johann Jakob Froberger]
2. Sequenza XIII [Luciano Berio]
3. Tombeau sur la mort de Monsieur Blancheroche [J.J. Froberger]
4. Slow Motion [Toshio Hosokawa]
5. Lamentation sur ce, que j'ay été volé
[J.J. Froberger]
6. Vagabonde blu [Salvatore Sciarrino]
7. Méditation, faite sur ma mort future Memento Morj Froberger [J.J. Froberger]
 
   
  Neue Zeitschrift für Musik
 

Froberger komponierte für Clavier - Teodoro Anzellotti setzt dessen Werke auf dem Akkordeon in eine andere, sozusagen dem Boden nähere Klangbetrachtung um. Er zelebriert förmlich die Basis, die Gesten und die Effekte der Diskretion auf einem Instrument, das eher einer verwegenen, robusten, ja, hinausposaunenden Kategorie angehört.

Vor allem eine Musik, die zu schweben scheint, auf einem normalerweise der populären Musik zugeordneten Instrument zu spielen, ruft geradezu nach kleinen Fallenstellereien und in den klaren Weg hinein ragenden Widerhaken. Dem entgeht Anzellotti mit souveräner Meisterschaft, weil er den Froberger-Kompositionen die Identität belässt, die der Komponist auf dem Clavier festgelegt hat.

   
  Musikalische Wertung: 5
Technische Wertung: 5
Repertoirewert: 5
Booklet: 5
Gesamtwertung: 5
Empfehlung des Monats
   
  Fono Forum
  Der Akkordeonist Teodoro Anzellotti zeigt einmal mehr, dass unsere Gegenwart mit der strikten Barockmusik mehr anzufangen weiß als mit den Sehnsüchtigen der Romantik. Das Zwiegespräch zwischen Froberger und den Tonsetzern der Gegenwart ist auch ein Dialog zwischen Gewissheit und Frage, zwischen Zuversicht und vorsichtig-bangem Tasten - aber auch einer zwischen Melancholie und beklemmender Zerrissenheit. Das Anzellotti bei seinem feingeistigen Ausflug sein Instrument wie eine Orgel klingen lässt, kommt nicht von ungefähr. Beide Instrumente weden schließlich vom Luftzug in Gang gesetzt.
  Musik *****
Klang *****
   
  Deutschland Radio
 

Artistische Geste, finale Verzierung, unvermittelter Absturz ins Nichts. Vorausahnbar und doch überraschend nimmt die Musik ihren Lauf. Das Melancholische an ihr beschwört geistige Nähe - die Harmonik verweist unbestechlich darauf, dass die Komposition einem Jahrhundert entstammt, in dem das Instrument, auf dem sie erklingt, noch lange nicht spruchreif war. Komponist Johann Jakob Froberger, geboren 1616 in Stuttgart, setzt seinerseits mit dem Tombeau sur la mort de Monsieur Blancheroche einem Lautenisten - Kollegen ein Denkmal, der einem Unfall erlag.

Dokumentation und Diskretion halten sich in Frobergers Tongirlanden die Waage - die barocke Ornamentik merzt scheinbar alles Persönliche aus. Die Anlässe seines Komponierens hingegen - der Tod des Kollegen; die Klage, beraubt und von Soldaten verprügelt zu werden; das Nachsinnen gar übers eigene Sterben - wirken ungewöhnlich privat. Derlei auf dem Akkordeon darzubieten, rückt die 350 Jahre alte Musik seltsam nahe. Teodoro Anzellotti bringt sie auf dem Popularmusik-Instrument auf eine ästhetische Höhe. Chanson discrète, so der Titel des Albums. Werke verschiedener Jahrhunderte und somit auch verschiedener kompositorischer Sprachen zu kombinieren, ist auf dem Musikmarkt zwar noch immer der Ausnahmefall, heute aber schon kaum mehr sonderlich provokativ.

Hier allerdings tritt eine extravagante Kopplung zu tage: Denn Anzellotti, unbestrittener Spezialist für dezidiert neue Musik, stellt dem barocken Melancholiker Froberger seine, Anzellottis Zeitgenossen Berio, Hosokawa und Sciarrino zur Seite - wobei der dominierende Geist der Gegenwartswerke gleichfalls ein introvertiert sinnender ist. Der italienische Instrumentalist realisiert alle drei Kompositionen mit Spürsinn für Farben und Gesten und zeigt dabei faszinierende Klangwelten auf. Konzeptionelles Gerüst und musikalischen Rahmen der Platte geben vier Stücke von Johann Jakob Froberger, die Mitte des 17. Jahrhunderts für Tasteninstrumente entstanden.

   
  Klassik. Magazin
   
 

Die Gabe der Diskretion geht auch im zunehmend marktschreierischer werdenden Klassikgeschäft immer mehr verloren. Das Unspektakuläre will eben lauthals angepriesen werden, da es aus sich selbst heraus keine Aufmerksamkeit zu erregen imstande ist. Umso angenehmer sind die raren Ausnahmen die unter dem Wildwuchs des Schrillen ungehindert wachsen und gedeihen. Die Produktionen aus dem kleinen Hause Winter & Winter sind schon aufgrund ihrer haptischen Schönheit ein Indiz für das ganz Andere, das Musik letztlich hörenswert macht. Teodoro Anzellotti, Ausnahmeakkordeonist der ersten Stunde, hat nun bei Winter & Winter eine neue Einspielung veröffentlicht: Chanson discrète.

Anzellotti hat unzählige Komponisten zu neuen Werken für das klischeebehaftete Akkordeon animiert, auch davon kündet diese Produktion. So erklingen hier Luciano Berios dreizehnte Sequenza (Chanson), Toshio Hosokawas 'Slow Motion' und Salvatore Sciarrinos 'Vagabonde blu', im Wechsel mit Canzonen Johann Jakob Frobergers.

Diskretion war für Froberger und seine Zeitgenossen nicht nur eine grundsätzliche Lebensart sondern auch eine Spielanweisung. 'Avec discrétion' findet sich häufiger in seinen Lamentos, den Meditationen der Melancholie, von denen drei hier veröffentlicht sind. Mit Diskretion verbreitete er auch seine Kompositionen, die er aus Angst vor falscher Wiedergabe häufig zurückhielt. Dennoch war Froberger bis in die Mozartzeit gerühmt wegen seiner eigentümlichen musikalischen Erzählkunst, der Gabe, 'auf dem blossen Clavier ganze Geschichten' wiederzugeben.

Diese schwermütigen Geschichten spielt Anzellotti mit dem ihnen angemessenen Augenzwinkern, wenn etwa im 'Tombeau sur la mort de Monsieur Blancheroche' eine ins Nichts herabgleitende Tonfolge den letzten Moment eines durch einen Treppensturz zu Tode gekommenen Freundes nacherzählt. In einer anderen Klage - 'darüber, dass ich ausgeraubt wurde' - wird der Interpret aufgefordert, das Werk mit 'Diskretion' zu spielen, und 'besser, als die Soldaten mich behandelt haben'. Anzellotti kommt dieser Aufforderung in jedem Moment nach und gibt eine unprätentiöse und dabei zutiefst wahrhaftige Version von Frobergers Kabinettstückchen zum Besten. Sein Akkordeon wird dabei zu einem Instrument von großartiger Polyphonie und nuancenreichen Farben, die menschliche Stimmungen fern von jedem Schifferklaviergestus in Musik übersetzt.

In der Tradition der Frobergerschen Canzona, die direkt aus dem Leben gegriffen scheint, steht Luciano Berios Sequenza XIII, in enger Zusammenarbeit mit Teodoro Anzellotti entstanden. Das klar strukturierte Werk wird als ein 'Chanson' für Akkordeon realisiert, das die populär-musikalische Bedeutung des Instrumentes bewusst nicht ausklammert, wenn es etwa auf die vorfabrizierten Akkordkoppelungen der linken Hand zurückgreift. Anzellotti erweckt Erinnerungen an die 'Begleitung der Melodien bei Landpartien, an die Lieder der Arbeiterklasse, an Nachtclubs, argentinische Tangos und an den Jazz' und man merkt, dass Berio in seiner Jugend Schlagzeuger in einem Akkordeonorchester war.

Toshio Hosokawas 'Slow Motion' ist eine Hommage an das japanische Gagaku-Theater, dessen zeremonielle Bewegungen eine Entdeckung der Langsamkeit und somit wieder der Diskretion darstellen. Von ähnlicher Intimität ist Salvatore Sciarrinos 'Vagabonde Blu', das mit seinen zarten, tönenden Punkten den Atem des Instrumentes hörbar macht. So verschmelzen zuletzt Spieler und Instrument zu einer atmenden Symbiose und bescheren dem Hörer ein tiefes künstlerisches Erlebnis. In Teodoro Anzellotti wird die Erzählkunst eines Johann Jakob Froberger an einer anderen Klaviatur wieder lebendig. Zugleich lässt uns diese Musik hörend einen Blick auf die Klaviatur des Lebens werfen.

   
 
ISABEL MUNDRY-Traces des Moments
 
Dufay - Bearbeitungen
Traces des Moments
Dufay - Bearbeitungen
Sandschleifen
Dufay - Bearbeitungen

ensemble recherche
Teodoro Anzellotti accordion
 
 
   
  Isabel's music doesn't evade making the process of its genesis audible, if not the doubts and hesitations during composition, then the traces of ways of deciding, which in their complexity form the special identity of her world of sound. We are not dealing with constructed music, triumphant algorithms conjuring up at any cost the plummet of incontestable certainties. On the contrary this is about the constant invention of certitudes to which the music lends its ear in coming into being, which accepts that a brief-sounding space of time can convey a vaster space of time and its decisions, and bring forth just that unique music adapted to the context of history - our history. (Brice Pauset)
   
   
 
Sebastian Claren
 
Potemkin I: Baby Baby
für Akkordeon und Streichtrio
Fehlstart (Detail) für 6 Instrumente
Alkan für Klavier
In der Hölle für 11 Instrumente
Charms: Dub für Orchester

Teodoro Anzellotti: accordion
Ernst Surberg: piano
Enno Poppe, Matthias Hermann: conductor
ensemble mosaik
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR
Trio Recherche
   
 
 
   
 

"Organisierte Verwirrung" ist ein Markenzeichen der Musik des 1965 geborenen Sebastian Claren. Weitere Charakteristika sind ein steter Wechsel zwischen Kontinuität und Diskontinuität, sukzessiv wie simultan, Spiele mit ausgefeilten Montagetechniken, eine Vielzahl von Schnittfolgen und in Musik transformierte Kameraeinstellungen - Korrespondenzen mit unserer Lebenswirklichkeit und mit der Wahrnehmung derselben. Das Leben als immerwährende Montage, ebenso die Musik.

Jedenfalls die von Sebastian Claren, deren Strukturen und Dramaturgien der Gleichzeitigkeit von eben nur vermeintlich Ungleichzeitigem verpflichtet sind. Clarens stupend energetische und teils auch sehr energische Kompositionen sind allerdings keine Collagewerke; in ihnen geht es nicht um die Reproduktion von bereits Gesagtem. Ihn interessiert vielmehr die dichte Synchronizität der (inneren) Ereignisse aus der Perspektive des Selbst, des Komponisten, der natürlich mit und in der Geschichte und Gegenwart der Musik operiert. Und dazu gehört auch seine intensive Beschäftigung mit gewissen Richtungen des Pop-Sektors. Sie sind für Clarens Musik ebenso prägend wie die nun gut hundert Jahre Neue Musik und ihre vorherigen Epochen.

   
   
 
Chonguri

Thomas Demenga
Thomas Larcher
Teodoro Anzellotti

   
 
  Tsintsadze: Chonguri
Bach: Das alte Jahr vergangen ist
Bach: Herr Gott, nun schleuss' den Himmel auf
Cassadó: Danse du diable vert
Chopin: Nocturne cis-moll
Fauré: Romance
Webern: Drei kleine Stücke
Webern: Zwei Stücke
Bach: Ich ruf' zu Dir, Herr Jesu Christ
Fauré: Après un rêve
Chopin: Nocturne Es-Dur
Liszt: La lugubre gondola
Demenga: Eine kleine Erregung (über Berg und Bach)
Bach: Meine Seele erhebet den Herrn
Fauré: Berceuse
Milhaud: Vocalise-étude pour voix élevées
Demenga: New York Honk
 
   
  Gramophone, Editor's Choice
Le Monde de la Musique, Choc du mois
Preis der deutschen Schallplattenkritik, Bestenliste 4/2006
Fono Forum, Empfehlungen des Monats
   
   
   
 
Manuel Hidalgo
1. Nuut für Akkordeon und Orchester
2. Introduktion und Fuge
Bearbeitung des letzten Satzes aus der Klaviersonate op 106 von Beethoven für Akkordeon und Orchester
3. Gran Nada
für Akkordeon und Streichorchester
 
Teodoro Anzellotti [accordion]
Peter Rundel [conductor]
WDR Sinfonieorchester Köln
 
 
   
 

"Die Klangmischung von Akkordeon und Orchester ist perfekt komponiert und ebenso umgesetzt, das KLangbild ist transparent und gut durchhörbar."
Crescendo, Oct/Nov 2005

Hier erwacht der letzte Satz von Beethovens Hammerklaviersonate op. 106 zu fulminantem neuem Leben.
Neue Zürcher Zeitung, February 22, 2006

Le Monde de la Musique: Four Stars
March 2006

   
  back to top